liebe Freunde

jedes Jahr werde ich gebeten, einen kleinen Weihnachtsbrief für eine Tierrechts-Organisation zu verfassen - den "offenen Brief an denkende Menschen", der dieses Jahr in einer leicht anderen Form erscheint... in Gestalt einer Rede, die ich direkt vor dem Schlachthof in Zürich hielt.

Warum empfindet man keinen Ekel am Tisch, wenn es um die sechs Tierarten (Hühner, Schweine, Ziegen, Schafe, Kühe, Fische) geht, die wir gelernt haben, sie als essbar zu betrachten? Warum wundern wir uns nicht, dass wir kreatürliche Abneigung empfinden, wenn tausende von anderen Tierarten auf unserem Teller serviert würden?
Warum fragen wir nie warum?
Die psychologischen Mechanismen, die es uns ermöglichen, diesen paar wenigen Säugetieren Leid zuzufügen, finden sich auch in menschlichen Ausbeutungsverhältnissen. Wir ordnen Menschen in Gruppen ein, denen wir uns dann mehr und anderen weniger moralisch verpflichtet fühlen (Familie – Flüchtlinge). Die Strukturen des Unrechts, die einem das Essen von Tieren ermöglichen, wirken auch abstumpfend und verrohend auf uns Menschen. 


Danke für dein aktives Engagement für vegane Ernährung.
krishna chandra

vielleicht möchte man ja noch ein paar nachdenklich erbauliche und leicht anstossende Worte zu den Festtagen oder fürs Neujahr an seine Freunde versenden....

 

 

 


 

 

 

Dringlicher Appell an dich

 

-Ein Mahnruf wider die Gleichgültigkeit –

 

gesprochen direkt vor dem Schlachthof in

 

Zürich

 

Ich spreche hier im Namen von Mitwesen, denen selber Gehöhr verweigert wurde – ihre Schreie werden gerade jetzt hier hinter diesen Mauern mit einem Schnitt durch ihre Kehle zum Schweigen gebracht.

Mitten in unserem Rechtsstaat gibt es Inseln, wo plötzlich all unsere zivilisatorischen Errungenschaften wie das Recht für alle, nicht Leiden und nicht willkürlicher Gewalt von anderen ausgesetzt sein zu müssen, plötzlich keine Gültigkeit mehr haben. Ein solcher regressiver Ort in archaische Wertesysteme liegt hier direkt hinter mir. Ein Ort des Rückfalls in die Barbarei, wo Macht auch Recht bedeutet.  Das, was hier tagtäglich geschieht, ist von erschreckender Ungeheuerlichkeit, da ein zivilisatorischer Grundwert, den J. Fichte bereits vor 200 Jahren formuliert hatte, hier in diesem Gebäude hinter mir täglich zu tausendfach aber weltweit in ähnlichen Todes-Institutionen milliardenfach, übergangen wird.

Unsere freie Wahlmöglichkeit geht nur soweit, wie es andere Mitgeschöpfe nicht tangiert. Wenn meine Wahl aber die Freiheit eines anderen einschränkt, dann habe ich dabei nicht mehr das Recht zu einer solchen Wahl. Im Alltag würden wir dies das Prinzip der Rücksicht nennen. Meine Wahl, Fleisch essen zu wollen, übergeht die Lebenswürde eines Mitgeschöpfes ganz fundamental. Für ein paar kurze Momente der Gaumen-Stimulation ist man bereit, dass ein anderes Wesen dafür getötet wird. Gibt es einen trivialeren Grund zum Töten als ein Geschmackserlebnis?

An einem Podium wurde ich einmal gefragt:

„Aber, ich darf doch wohl noch essen, was ich will - oder?!" „Natürlich darfst du essen, was du willst - aber nicht wen du willst!“ Fleischkonsum ist eine Handlung, die auf eklatante Art und Weise den Grundsatz missachtet, dass die Freiheit des einen dort endet, wo die des anderen beginnt - und damit eben das Gegenteil von Privatsache ist!

 

Pazifisten wie Romain Rolland, Gusto Gräser und Gandhi meinten, dass keine Handlung die Achtung vor dem Leben mehr untergräbt als die Gewohnheit, zerfetzte Leiber auf unserem Teller zu haben.

Wir werden nicht wirklichen Frieden kennen, wenn wir in einem derartigen Krieg gegen die Tierwelt sind. Dieser Krieg wird nicht mit Sturmgewehren, Handgranaten, Panzern und Flugzeugen gekämpft – Messer und Gabel sind die Massenvernichtungswaffen der Gegenwart.

 

Was gerade jetzt direkt hinter mir geschieht, könnte kein fühlender Mensch gutheissen. In einer zivilisierten Gesellschaft unterrichten wir Kinder, auch Tieren kein Leiden zuzufügen und wir wären empört, wenn ein Kind einen Vogel einfangen und mit Messern quälen würde, statt sich an seinem Gesang zu erfreuen.

Zur gleichen Zeit – und das ist die ethische Diskrepanz – wird die Empörungskraft ausgeschaltet, wenn jemand Fisch-Stäbchen, eine Wurst oder ein Schinken-Sandwich isst.

Obwohl das Fleischessen dem Sadismus des Tierquälers in allem ähnelt  speziell in der Sinnlosigkeit und dem Abstumpfungspotenzial des Aktes – so wiegt dieses institutionalisierte Töten für den Zungengenuss doch zahlenmässig milliardenfach schwerer.

 

Ich stehe hier vor einer solchen Insel des Unrechts mit einem Appell an dich. Du darfst Dinge, die du selber aus moralischer Integrität nicht ausführen könntest, nicht von anderen ausführen lassen. Diese Schlächter hinter diesen Mauern führen nur aus, was deine Lust nach Teilen des Tieres, das gerade zuvor noch lebte und dem nun die warmen Eingeweide entnommen werden, verursacht.

An Orten wie Ausschwitz oder Treblinka, wo Massaker oder Pogrome geschehen sind, gibt es Mahnmale, welche die Menschheit erinnern, dass kollektive Unbewusstheit ganz schnell das Böse zu legitimieren und tolerieren beginnt.

Für das hier statt findende tägliche Lustmorden zu Tausenden, kann man noch nicht einmal ein Mahnmal aufstellen – denn es geschieht noch immer... gerade jetzt.

 Wir sind diejenigen, die den Auftrag zu dieser Ungeheuerlichkeit liefern – durch das „friedliche“ Abendessen mit einem Fleischgericht

 

Wir halten uns Sklaven. Man muss keine zwei Beine haben, um ein Sklave zu sein und man muss auch nicht schwarz sein. Ein Sklave ist jedes fühlende Lebewesen, das den Unterschied zwischen Freude und Schmerz kennt, zwischen Freiheit und Unterdrückung und gegen seinen Willen gefangen gehalten wird. Sklaverei begann nicht in Ägypten und endete nicht in Amerika. Es begann mit der Haltung von Tieren zu unserem Nutzen und dauert bis heute an. Hier stehe ich vor dem Ort, wo wir noch immer glauben, das Recht zu haben, diese Sklaven nicht nur zu halten, sondern sogar zu töten.

 

Einige Menschen mögen denken, dass solche Gedanken zu extrem seien.

60 Milliarden Landtiere und über 100 Milliarden Wassertiere werden jedes Jahr von Menschen getötet. Nicht zum Überleben, sondern für einen Gaumenkitzel. Es gibt fühlende Menschen, die so etwas  extrem nennen.

Wenn das kein Verbrechen ist, was ist denn sonst eines?

 

Die meisten Menschen wollen nicht bewusst böse sein und töten. Wenn man ihnen ein Messer in die Hand drückt und sie auffordert, ein Rind oder ein Schwein zu töten, wären sie dazu aus moralischen Gründen nicht fähig. Jeder Bissen Fleisch, den wir essen, gibt einen Auftrag an andere, die das Mordgeschäft für uns erledigen. Das ist passives Böse-Sein. Darin ist die Masse der Menschen involviert.

Doch die Abstumpfungswirkung der passiven Gewaltausübung ist ebenso gross wie bei der aktiven.

Ich bin mir bewusst, dass fundamentale Veränderung langsam vor sich gehen. Es hat 400 Jahre gebraucht, dass weisse Menschen in Amerika einsahen, dass man schwarze Menschen nicht besitzen kann. Die Menschheit befindet sich in dem Prozess, das Unrecht an Tieren auch als Unrecht zu erkennen und es nicht weiterhin zu legitimieren. Daraus folgt eine gerechtere Welt.

Ungerechtigkeit kann glücklicherweise nicht für immer bestehen. So wie einst Kannibalismus, Sklaverei und die Ungleichheit der Frauen gesellschaftlich überwunden wurden, wird auch das Tiere-Essen als Relikt einer kollektiven Unbewusstheit erkannt werden.

Heute ehren wir Personen wie Lincoln, Thoreau oder Clarkson als Vorbereiter einer Idee, die damals gesellschaftlich noch nicht mehrheitsfähig war. Werde auch du zum Wegbereiter von Gerechtigkeit.

Wenn jemand denkt, dass hier hinter diesen Mauern human geschlachtet würde... gibt es dann auch humane Vergewaltigung? Humaner Kindsmissbrauch?

Dieser Ort, an dem wir stehen, ist ein Unrechts-Ort.

Und du kannst in dieser rechtslosen Zone wieder Gerechtigkeit bewirken – mit deiner Entscheidung, selber nie wieder Tiere und Milchprodukte zu verspeisen.